Keine Klicks auf „Gefällt mir? Da kann doch nur Facebook daran schuld sein! Solche Unterstellungen werden von rechten Akteur*innen, darunter nun auch Hedwig von Beverfoerde von der „Demo für alle“ immer häufiger verbreitet. Was ist dran? Von Christian Maluck.

„Es ist mehr als nur vorstellbar, dass Facebook über seine Algorithmen auch politische Inhalte und deren Reichweite steuert“, wird heute in einem Beitrag von Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel behauptet, der auch von Hedwig von Beverfoerde von der „Demo für alle“ zustimmend verbreitet wird.

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Über Rechts-Anwalt Steinhöfel

Joachim Steinhöfel schreibt auch für die (mindestens rechtspopulistischen) Seiten „Achse des Guten“, „Tichys Einblick“ und „The European“. Auch beim islamfeindlichen „Politically Incorrect“, dem aus Russland finanzierten „Sputnik Deutschland“ und „Islamnixgut“ wird er zitiert. Laut Huffington Post vom September 2017 pflegt Steinhöfel „Beziehungen zur neurechten Szene in Deutschland“. Auch als Festredner bei der rechten Zeitung „Junge Freiheit“ ist er aufgetreten, wo er von „zugereisten bildungsfernen Jünglingen mit archaischen Ehrbegriffen“ sprach, „denen beim nichtigsten Anlass die Sicherung durchknallt“. Steinhöfel bezeichnet sich selbst als „liberal, konservativ und unabhängig“.

Absurde Unterstellung

Es sind ja gerade die sozialen Netzwerke, die am Erfolg von Rechtspopulisten einen entscheidenden Anteil haben. Das Wahlergebnis der AfD sähe sicherlich bei weitem weniger rosig aus, würden sich diese Unmengen an Hetz-Beiträgen und Falschinformationen, das Futter für die Empörten und Besorgten, nicht so rasend über genau solche Plattformen verbreiten.

Plausibilitätsfrage am Beispiel der „Demo für alle“

Nach der eher überschaubaren Anzahl an Demonstranten in Wiesbaden, dem Flop der Bus-Tour und mehreren Petitionen – nichts davon konnte trotz des verursachten Wirbels etwas bewirken gegen die inzwischen erreichte rechtliche Gleichstellung von Schwulen und Lesben, den Einzug des Themas Vielfalt in sämtliche Bildungspläne, die rechtliche Anerkennung von Intersexuellen und nun auch noch die Streichung von Transsexualität von der Liste der Krankheiten -, kann es schließlich nicht auch sein, dass die Leute zunehmend erkennen, dass die Welt durch all das noch immer nicht untergegangen ist, keine Familie zerstört wurde, die meisten Ehen nach wie vor intakt sind, keine Kinder an Schulen (homo)sexualisiert oder missbraucht wurden und damit an den eigenen Inhalten das Interesse abgenommen haben könnte, nicht wahr?!

Etwas, das für Einzelne „vorstellbar“ ist, weil es so gut ins Konzept passt, ist noch lange keine Tatsache, auch wenn man diese „Vorstellung“ noch so oft verbreitet und zunehmend Personen aus dem rechten Milieu Gefallen daran zu finden scheinen, um sich wieder mal als Opfer einer vermeintlichen Verschwörung zu inszenieren. Und natürlich wird nach bekannter Manier gleich richtig dick aufgetragen: Von „Täuschung“, „Manipulation“, einem „hinterhältigen Eingriff“ oder gar einer Gefahr für die Pressefreiheit ist da direkt die Rede. Der Versuch einer Deutung von Zahlen ist in Anbetracht der wortgewaltigen, schwerwiegenden Vorwürfe als „Beleg“ für die Behauptungen vielleicht ein wenig dünn. Stichhaltige Belege wären da schon hilfreich!

Auch weniger Interaktionen bedeuten weniger Reichweite und „Gefällt mir“-Bekundungen

Vielleicht sollte bei der Gelegenheit auch mal darüber nachgedacht werden, ob das permanente Löschen von kritischen Kommentaren beim Verbannen ihrer Verfasser*innen von der Seite der „Demo für alle“, was keine Verschwörung, sondern eine Tatsache ist, während man zugleich permanent auf die Bedeutung der Meinungsfreinheit hinweist, möglicherweise auch negative Auswirkungen auf die Reichweite der eigenen Inhalte haben könnte? Wer geblockt ist, kann auch nicht mehr auf „Gefällt mir“ klicken. Jedes „Gefällt mir“, jeder Kommentar sorgt ebenfalls für Reichweite, denn damit wird ein Beitrag auch für alle „Freunde“ potenziell relevant. Mehr Reichweite bedeutet auch potenziell mehr Interessenten, die eine Seite für sich gewinnen kann.

Keine Verschwörung

Unsere eigene Erfahrung zeigt: Die Reichweite unserer Seite „Besorgte Homos“ (https://www.facebook.com/besorgte) ist in den letzten Wochen ebenfalls zurückgegangen, was an einer Neujustierung der Facebook-Algorithmen liegen kann, um bezahlte Inhalte noch stärker zu bevorzugen. Entsprechende Vorhaben gingen kürzlich auch durch die Presse. Für eine gezielte Manipulation der Reichweite bestimmter politischer Inhalte „von denen da oben“ haben wir noch keine Anhaltspunkte gefunden. Die „Gefällt mir“-Angaben auf unserer Seite haben dennoch weiter zugenommen. Gestern durften wir den/die 800. Follower*in begrüßen, was uns sehr freut!

Mit einem Klick auf „Gefällt mir“ bei Beiträgen oder dem Absetzen eines Kommentars könnt ihr bei Inhalten, die ihr interessant findet, auch weiter aktiv zu einer Erhöhung der Reichweite beitragen. Wenn ihr diese Seite weiterempfehlt, hat das natürlich den gleichen Effekt. 😉

Kategorien: Allgemein

besorgter

Christian Maluck ist 1973 geboren und verfolgt das Treiben von „besorgten Eltern“ seit dem Jahr 2015. In dieser Zeit hat er sich intensiv mit Bildungsplänen, Bildungspolitik, Sexualpädagogik und Gender Studies und Gender Mainstreaming auseinandergesetzt und wirkt seitdem auch an der Facebook-Seite „Besorgte Homos“ mit (www.facebook.com/besorgte). Aufgrund eigener Diskriminierungserfahrung an der Schule liegen ihm diese Themen besonders am Herzen. Mit LGBTIQ*-Politik beschäftigt sich Christian Maluck bereits seit dem Jahr 2000. Unter anderem war er 12 Jahre ehrenamtlich beim schwul-lesbischen Magazin Uferlos bei Radio LORA München 92,4 engagiert.

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